Gebäude ersetzen Felsklippen

Alpensegler auch in Ettenheim

Vor 55 Jahren brütete der gefiederte Insektenfresser erstmals nördlich der Schweiz – genauer gesagt war es die Freiburger Martinskirche, in deren Turm 1955 der erste sichere Brutnachweis für Deutschland gelang. Und vor etwa zehn Jahren ist der „große Bruder“ des bekannteren Mauerseglers auch in der Ortenau heimisch geworden, zunächst in Achern. Mittlerweile zieht er seine Jungen aber auch außerhalb der Hornisgrindestadt groß.

 

„Letztendlich wissen wir nicht, was den Alpensegler in den 1950er-Jahren veranlasst hat, sich in Freiburg niederzulassen“, sagt Matthias Schmidt vom Naturschutzbund Deutschland (NABU), der seit vielen Jahren die Alpensegler-Aktion in Südbaden leitet. Fest stehe aber, dass sich diese Art derzeit nach Norden ausbreitet und dabei immer wieder einzelne „Vorposten“ außerhalb ihres bisherigen Verbreitungsgebiets bildet.

 

Mittlerweile zählt die Freiburger Alpensegler-Filiale über 350 Individuen. Ganz offensichtlich genügt dies, um einen verstärkten Ausbreitungsdruck in Richtung Norden auszulösen: „Da sollte schon ein Zusammenhang bestehen“; vermutet Schmidt, genau wisse man es jedoch nicht. Nachdem schon um die Jahrtausendwende immer wieder einzelne Alpensegler-Beobachtungen im Landreis gemacht wurden, gelang dort der erste gesicherte Brutnachweis im Jahr 2002 – und zwar unterm Dach der Robert-Schuman-Realschule in Achern. Zum damaligen Zeitpunkt war dies zugleich der nördlichste bekannte Alpensegler-Brutplatz in ganz Europa – ein Rekord, der erst küzlich eingestellt wurde: Seit diesem Jahr liegt nämlich ein Nachweis aus der nur wenige Kilometer entfernten Schwarzwaldstadt Bühl vor.

 

„Aktuell haben wir in Achern mindestens sieben Paare, außerdem brütet seit 2009 ein weiteres Paar an der Heimschule Lender in Sasbach“, erläutert Manfred Weber aus Stadelhofen, der die Alpensegler im Raum Achern betreut. Darüber hinaus hat sich der Alpensegler in den letzten Jahren auch in weiteren Städten niedergelassen: So zum Beispiel in Offenburg, wo er Naturliebhabern bei seinen Erkundungsflügen schon seit einiger Zeit regelmäßig aufgefallen ist. „Ich sehe laufend acht bis zehn Tiere im Nordosten der Stadt“, sagt zum Beispiel Heinz Breithaupt aus Griesheim. Zusammen mit dem Biologen Hanspeter Püschel kümmert sich der Rentner um die Offenburger Alpensegler, erst in diesem Jahr hat er 23 Nistkästen an einem Klinikgebäude angebracht.

 

Auch in Lahr vermutet man Alpensegler-Bruten, wahrscheinlich im Bereich der Lotzbeckstraße und Tiergartenstraße. Im nicht weit entfernten Ettenheim ist der weißbäuchige Vogel indes schon seit vier Jahren ansässig, genauer gesagt im städtischen Gymnasium: „Dieses Jahr waren es dort wohl zwei oder drei Brutpaare“, erläutert Thomas Ullrich vom NABU Ettenheim auf Anfrage der MITTELBADISCHEN PRESSE. Die Einfluglöcher in das Gebäude befänden sich dabei unter der Regenrinne.

 

Man darf durchaus gespannt sein, wo im Landkreis der Alpensegler als nächstes auftauchen wird – zu erwarten wäre beispielsweise die Grenzstadt Kehl, da es dort passende Gebäude gibt und auch das Lokalklima dem Vogel entgegenkommen sollte. Doch genau lässt sich so etwas nicht vorhersagen. Jedenfalls bringt die Freiburger Kolonie mittlerweile genügend Jungvögel hervor – rund hundert sind es derzeit pro Jahr –, damit der Vorwärtstrend nach Norden und Osten auch weiterhin bestehen bleiben kann: Vergleichsweise junge Niederlassungen des Alpenseglers gibt es nämlich auch außerhalb der Ortenau, beispielsweise in Emmendingen und Tuttlingen. (Quelle: Andreas Braun)

 

Lebensweise des  Alpenseglers

 

Der Alpensegler ist der größte Segler Europas. An seiner Größe – die Spannweite beträgt bis zu 56 Zentimeter – und dem auffälligen weißen Bauch lässt er sich gut vom kleineren Mauersegler unterscheiden. Ursprünglich brüteten Alpensegler in natürlichen Höhlen an Felsklippen im Mittelmeerraum, bei uns übernehmen Nischen unter den Dächern hoher Gebäude diese Funktion. Dort zieht er seine Jungen groß, die mit acht Wochen flugfähig werden. Alpensegler sind Zugvögel, die Ende März aus ihren afrikanischen Winterquartieren zurückkehren und Ende September wieder in Richtung Äquator zienen. Sie können bis zu 20 Jahre alt werden und ernähren sich von Insekten. Als spezialisierte Flugjäger landen sie nie freiwillig am Boden, selbst die Paarung findet in der Luft statt.

  

Der Alpensegler Tachymarptis melba ist der größte Segler Europas; mit seinem weißen Bauch ist er leicht vom kleineren Mauersegler Apus apus zu unterscheiden. Auch die Rufe unserer Segler sind jeweils einzigartig und unverwechselbar: das typische „sri-sri-sri“ des Mauerseglers und das laute, auf- und absteigende Trillern des Alpenseglers.

Der quirlige Mauersegler brütet in fast ganz Europa bis hoch an den Polarkreis und nutzt auch alte Spechthöhlen in Bäumen; der Alpensegler dagegen, als reiner Fels- und Gebäudebrüter, hat in Baden-Württemberg seine weltweit nördlichsten Kolonien. Er fliegt schneller als der Mauersegler, aber weniger wendig, wirkt ruhiger und eleganter und kann auf den ersten Blick für einen kleinen Falken gehalten werden.

   

Segler sind die „ultimativen Flieger“; sie landen nie freiwillig am Boden, sammeln ihr Nistmaterial im Flug und können sich sogar fliegend paaren; manche Arten übernachten regelmäßig in der Luft. Global gibt es etwa 100 Segler- und Baumseglerarten. Diese hochspezialisierten Insektenjäger teilen mit den Schwalben, die zu den Sperlingsvögeln zählen, nur die ähnliche Ernährungsweise; ihre nächsten Verwandten sind die Kolibris.


 

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  Thomas Ullrich

 

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Weitere Informationen   Alpensegler in Freiburg